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Veröffentlicht am 17­.07.2020

26.6.2020 - Brief an Bischof Stefan Oster

Zu "Es ist Zeit, sich zu sammeln" HerderKorrespondenz 7/2020

Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Stefan Oster SDB,

bei Domradio Köln las ich am 25.6.2020 eine kurze Zusammenfassung Ihres HerderKorrespondenz-Gastbeitrags "Es ist Zeit, sich zu sammeln" in Heft 7/2020. (Ich beziehe mich nur auf diesen Domradio-Bericht: Rückbesinnung nötig. Kirche droht laut Bischof Oster Verlust des Glaubenskerns.) Ihre Positionen haben mich wieder schockiert, weil ich Ihre Äußerungen für gefährlich und schädlich für die Kirche halte, was Sie bestimmt nicht wollen, aber es dennoch tun!

Eine kurze Begründung meiner Meinung:

  • Sie verneinen die Aufgabe der Inkulturation, d.h. der Anpassung der kirchlichen Lehre und Praxis an die Gegenwartsgesellschaft. Anpassung wird von Ihnen nur negativ gesehen, das ist es aber nicht: es kann negativ sein, muss es aber nicht, sondern ist auch notwendig, um "anschlussfähig" in der Gesellschaft zu sein. Ein differenziertes Urteil über Anpassung ist nötig.
  • Die "Rückbesinnung auf den unveränderlichen Kern des christlichen Menschenbildes" klingt verräterisch. Meinen Sie die neuscholastischen Positionen des 19./20.Jh., die im 3. Reich z.B. sehr selten (P.Alfred Delp SJ u.a.) zum Widerstand gegen die Nazi-Verbrechen geführt haben? Wenn früher alles besser war, warum kam es in einem formal christlichen Land wie Deutschland zu solchen Verbrechen und Sünden? Vor den "Unheilspropheten", die die Gegenwart immer nur schlechter als die Vergangenheit sehen, die von Angst und Weltflucht geprägt sind, hat schon der hl. Papst Johannes XXIII. in seiner Konzils-Eröffnungsrede "Gaudet mater ecclesia" vom 11.10.1962 gewarnt. Johannes wollte, dass die Kirche endlich eine helfende Antwort gibt auf die Probleme der modernen Welt und aufhört, sich gegen "die Welt" einzuigeln.
  • Mit dem Feindbild "Welt bzw. moderne Gesellschaft" wird geleugnet, dass diese Welt eine Schöpfung Gottes ist und dass wir Menschen eine Verantwortung haben für die Gestaltung dieser Welt. Und die Kirche hat eine Verantwortung dafür, dass sie den Menschen bei der Gestaltung dieser Welt hilft. Die ganze Tradition der Kath. Soziallehre (päpstlich ab 1891, schon früher in Ansätzen wie bei Bischof v. Ketteler u.a.) wird praktisch geleugnet, wenn man sich in eine Wagenburgmentalität zurückzieht und die Verantwortung und Aufgabe der Weltverantwortung scheut. Johannes: "Von der Kirche wird heute verlangt, dass sie die verästelten Strukturen der heutigen Gesellschaft mit dem Leben des Evangeliums erfülle." (Apost.Konstitution Humanae salutis vom 25.12.1961.
  • Evangelisierung beginnt mit der Wahrnehmung und Annahme dieser Welt, so wie sie differenziert ist (sehen), dann beurteilt man das im Lichte des Evangeliums und formuliert Handlungsziele für den einzelnen Christen und die Kirche (urteilen) und dann kommt das Wichtigste: das Tun. (vgl. Mt 25). Evangelisierung gibt es nicht in der Wagenburg! ("sehen-urteilen-handeln" sind der Dreischritt aus der Kath. Soziallehre, den Kardinal Cardijn (1882-1967) formuliert hat.) Diese konkrete Welt ist zu evangelisieren, aus der man sich nicht flüchten darf.
  • Christliche Identität ist immer eine diakonische, eine praktizierte Weltverantwortung. Sie wird verfehlt, wenn man nur eine "Sammlung nach innen" fordert wie Sie es tun. Verfehlt wird auch dadurch eine "Stärkung erneuerter christlicher Identität." Diakonie, Barmherzigkeit gehören notwendig zur christlichen Identität!
  • Wenn Sie die Diskussionen um Zölibat, Weihe von Frauen oder Sexualmoral (in der Weltkirche und auch auf dem Synodalen Weg) nur als eine im negativen Sinn Anpassung an die moderne Gesellschaft beurteilen, dann suchen Sie sich eine andere Gesellschaft und ein anderes Volk Gottes. Mit dieser Einstellung, in der Kirche darf sich nichts ändern, muss alles so bleiben wie bisher, fahren Sie das "Schiff Kirche" in den Untergang. (Zum Glück wird der Hl. Geist das verhindern.) Sie sprechen damit auch dem verheirateten hl. Apostel Petrus, den verheirateten Bischöfen und Priestern früher und den verheirateten Priestern der unierten Kirche heute (seit dem 15.Jh.) ab, dass sie gute Apostel, Bischöfe, Priester sein können. Sie alle, die verheiratet sind, auch der hl. Apostel Petrus sind in Ihrer Beurteilung nur an die "moderne Gesellschaft und im negativen Sinne Angepasste." Damit betreiben Sie, sehr geehrter Herr Bischof, ein Schisma in der Kirche. Verheiratete Kleriker können so gute Seelsorger sein wie die unverheirateten, deren priesterliche Lebensform leider auch nicht immer positiv (sexuelle Verbrechen, Frauen- und Leibfeindlichkeit, Machtstreben, Prunk, verleugnete uneheliche Priesterkinder, homophobe homosexuelle Priester und Bischöfe usw.) verläuft. (Zum Glück habe ich auch gute Priester kennengelernt wie meinen alten Religionslehrer Helmut Ritz, 1926-2020, Pfarrer und Oberstudienrat a.D.)
  • Wer heute Gespräche/Dialog verweigert, wie z.B. Weihbischof Dr. Dominik Schwaderlapp, zeigt nur, dass er nicht dialogfähig ist und anscheinend keine überzeugenden Argumente und ein ausstrahlendes Vertrauen besitzt. Dies ist aber eine Grundvoraussetzung für einen Priester und Bischof und auch Doktor der Theologie. (Schwaderlapp hat sich aus dem Forum über Sexualmoral des Synodalen Wegs zurückgezogen. Dieses Forum ist ihm nicht mehr katholisch genug. - Das kann aber auch an ihm liegen.)
  • "Vor der 2. Etappe des Synodalen Wegs verschärfen sich die Konflikte in der Bischofskonferenz. Die Lager formieren sich" (Publik Forum Nr. 12/26.6.20) Es gibt böse Worte wie der "Suizidale Weg statt Synodaler Weg" oder "synodale Konkursmasse" (Die Tagespost), die nur den wahren, unchristlichen, bösen Charakter derer offenbaren, die so etwas sagen oder schreiben. Die kleine "Widerstandsgruppe" in der DBK um Kardinal Woelki und Bischof Voderholzer, Weihbischof Schwaderlapp usw. versucht mit allen Mitteln zu verhindern, dass sich die Kirche im Heute evangelisieren (Aggionamento) und im Geiste Jesu reformieren kann. Diese sind rückwarts orientierte "Retro-Hirten"! Um der Ihnen im Bistum anvertrauten Menschen bitte ich Sie eindringlich, sich aus dieser Gruppe der Retro-Hirten zu entfernen.

pax et bonum, bleiben Sie gesund

Ihr Axel Stark, Passau

Zuletzt geändert am 17­.07.2020