11.12.2009 - ZDF / KNA
Papst verschärft Ton zu Missbrauchsskandalen
Papst Benedikt XVI. hat nach den Missbrauchsskandalen in der irischen Kirche Konsequenzen angekündigt. Er werde die Aufklärung persönlich verfolgen und für eine geeignete Prävention Sorge tragen, heißt es in einer Erklärung des Vatikans.
Dass der Missbrauchsskandal nach der Kirche in den USA und Australien auch das katholische "Bollwerk" Irland erfasst hat, war seit geraumer Zeit bekannt. Welches Ausmaß er jedoch gerade in der Hauptstadt-Diözese Dublin erreichte, machte der Ende November vorgelegte "Murphy Commission Report" deutlich. Nach dem von der Richterin Yvonne Murphy verfassten Bericht soll das Erzbistum Dublin 30 Jahre lang - insbesondere zwischen 1975 und 2004 - Fälle von sexuellem Missbrauch durch Geistliche systematisch vertuscht haben. Am Freitag war dieser Bericht Thema eines Gipfeltreffens von Papst Benedikt XVI. und Kurienchefs mit der Kirchenspitze Irlands.
Irlands Kirche will aufarbeiten
Die irische Kirchenleitung, insbesondere Primas Sean Brady und Dublins Erzbischof Diarmuid Martin, traten bereits am 26. November unmittelbar nach Vorlage des Reports vor die TV-Kameras. Sie äußerten sich zutiefst "schockiert und beschämt", entschuldigten sich bei den Opfern und ihren Familien, versprachen Aufklärung - und koordinierten ihr Vorgehen mit dem Vatikan. Nach einer dreitägigen Vollversammlung ihrer Bischofskonferenz zu Wochenbeginn in Dublin legten sie am Freitag mit dem Papst und seinen zuständigen Mitarbeitern eine Strategie zur Aufarbeitung der neuen Krise fest.
Mit auffallend emotionalen Worten verurteilt das im Anschluss an das Treffen veröffentlichte Kommunique des vatikanisch-irischen Kirchengipfels das skandalöse Fehlverhalten von Priestern. Der Papst sei erschüttert, er teile die Empörung, das Gefühl des Verrats und die Scham der irischen Öffentlichkeit. Die Täter hätten ihr Versprechen gegenüber Gott gebrochen und Verrat an den ihnen anvertrauten Gemeinden begangen. Zugleich kündigt der Papst eine entschiedene Aufklärung und Maßnahmen an, die eine Wiederholung verhindern sollen.
Personelle Konsequenzen erwartet
Der Vatikan folgt damit der Linie, die er gegenüber den USA festgelegt hatte, entwickelt sie aber weiter. In den USA hatte Benedikt XVI. einen Drei-Stufen-Plan vorgelegt: Eine juristische Klärung - im Sinne der Null-Toleranz für Pädophile; eine pastorale Aufarbeitung, die sich um eine "Heilung" der Verletzungen der Opfer bemüht; wirksame Präventionsmechanismen - vor allem bei der Auswahl der Seminaristen. Bei seiner USA-Reise 2008 hatte Benedikt XVI. diesen Dreischritt nochmals entfaltet und sich persönlich bei allen Opfern und Betroffenen entschuldigt.
In Irland will der Papst offenbar noch einen Schritt weitergehen. Das Vatikan-Kommunique kündigt einen Hirtenbrief an die Gläubigen Irlands an. Darin will das Kirchenoberhaupt nicht nur seine Entschuldigung vortragen, sondern - als Zeichen von verstärkter Transparenz - die Initiativen darlegen und erörtern, die die Kirche in Antwort auf diese Situation ergreifen möchte.
Zudem will Rom - auch das ist neu - Fragen der bischöflichen Amtsführung untersuchen, einschließlich ihrer Letztverantwortung für die Kinderpastoral. Damit könnten schon sehr bald personelle Konsequenzen verbunden sein. Bischof Donal Brendan Murray von Limerick, der als Weihbischof in Dublin zwischen 1982 und 1996 für manche Vertuschung verantwortlich gewesen sein soll, soll dem Vernehmen nach dem Papst seinen Rücktritt angeboten haben. Falls sich die Vorwürfe als berechtigt erweisen, wäre die Ablösung der logisch nächste Schritt zur Aufarbeitung des Skandals.
von Von Johannes Schidelko, KNA
Zuletzt geändert am 12.12.2009