27.1.2010 - zenit.org
Benedikt XVI. über Oscar Romero: Er verdiene es, „selig gesprochen zu werden“
Von Angela Reddemann und Susanne Czupy
SAN SALVADOR, 26. Januar 2010 (ZENIT.org).- Erzbischof Oscar Romero aus San Salvador, traf der tödliche Schuss eines beauftragten Scharfschützen in der Kapelle des Krankenhauses „Divina Providencia“ („Göttliche Vorsehung“). Die tödliche Kugel wurde in dem Augenblick abgegeben, als der Zelebrant nach der Predigt zum Altar schritt.
Benedikt XVI. hatte im Jahr 2007 auf seiner Reise nach Brasilien Journalisten gegenüber erklärt, dass Romero ein „großer Zeuge des Glaubens“ sei, der es verdiene, „selig gesprochen zu werden“. Über den genauen Stand des Verfahrens der zuständigen Kongregation sei er nicht informiert, er wisse jedoch, dass es gut voranschreite. „Ich warte auf die Schlussfolgerungen der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse.“ Am 24. März diesen Jahres ist es dreißig Jahre her, dass ein gedungener Killer dem Leben dieses Oberhirten, Mystikers und Kämpfers für die Menschenrechte ein grausames Ende setzte.
Die Bischofskonferenz von El Salvador (CEDES) hat deshalb auf ihrer ersten diesjährigen Sitzung beschlossen, Papst Benedikt XVI. um einen baldigen Abschluss des Seligsprechungsprozesses von Erzbischof Oscar Romero zu bitten. Das Seligsprechungsverfahren wurde am 24. März 1994 auf diözesaner Ebene eröffnet und 1996 an die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse im Vatikan übergeben.
Einen Tag vor seiner Ermordung hatte sich Erzbischof Romero in seiner letzen Sonntagspredigt mit folgenden Worten direkt an die Angehörigen der Armee, der Nationalgarde und der Polizei gewandt: „Im Namen Gottes und im Namen dieses leidenden Volkes, dessen Wehklagen jeden Tag noch eindringlicher zum Himmel steigen, flehe ich Sie an, bitte Sie inständig, ersuche ich Sie im Namen Gottes: Machen Sie der Unterdrückung ein Ende.“
Für Papst Benedikt XVI. ist die von Bischof Vincenzo Paglia verfasste Biographie über Erzbischof Romero ausschlaggebend, die seiner Meinung nach viele Punkte kläre. „Es steht außer Frage, dass er ein großer Zeuge des Glaubens und der christlichen Tugenden war, dass er sich für den Frieden und gegen die Diktatur eingesetzt hat. Er wurde während der Wandlung während der Heiligen Messe ermordet, es handelt sich also um einen Tod, der den Glauben bezeugt.“
Aus seinem tiefen Glauben an Jesus Christus und an sein österliches Geheimnis motiviert, prangerte Romero von der Kanzel herab die organisierten Ungerechtigkeiten gegen die Bevölkerung und die von den „Todesschwadronen“ verübten Morde an. Und dies alles in El Salvador, einem Land, das die spanischen Kolonialherren einem Hoheitstitel Jesu Christi entsprechend, mit „Der Retter“ benannten.
Hoffnung auf eine baldige weltkirchliche Anerkennung des vorbildlichen Lebenszeugnisses Oscar Romeros kam im Jahr 2000 auf, als Papst Johannes Paul II. den Oberhirten und Märtyrer von El Salvador bewusst auf die Liste jener Blutzeugen setzte, die bei der Jahrtausendfeier im römischen Kolosseum namentlich erwähnt wurden. Sein Bild wurde auf Wunsch des damaligen Papstes auf die große Ikone der Märtyrer gebannt, die in Rom im ständigen Gedenkort der neuen Märtyrer, der Basilika San Bartolomeo auf der Tiberinsel, ausgestellt wird.
Sein Todestag wurde schließlich ebenfalls während des Pontifikat von Johannes Paul II. auf Initiative der missionarischen Jugendbewegung der Päpstlichen Missionswerke zum Gebetstag für Missionare, die als Märtyrer starben, erklärt und seitdem am 24. März als solcher gefeiert.
Als Papst Benedikt XVI. im Juni 2005 Elías Saca, den demokratisch gewählten Präsidenten von El Salvador empfing, ging ein Raunen durch die Medien. Nach der Audienz sagte der Präsident vor der internationalen Presse, Benedikt XVI. habe Erzbischof Romero von San Salvador als einen „Mann des Friedens und des Dialogs" bezeichnet. Und er habe hinzugefügt, dass der Seligsprechungsprozess für den während der Feier der Heiligen Messe ermordeten Erzbischof vorangetrieben werden solle. „Aber er spricht sich dagegen aus, dass der Erzbischof für politische Interessen missbraucht werde, wie es in den vergangenen Jahren geschehen ist", fügte Präsident Saca damals hinzu (ZENIT berichtete).
Es war der Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Kardinal José Saraiva Martins, der in jenem Spätsommer 2005 schließlich offenbarte, dass es Vorbehalte seitens der Kongregation für die Glaubenslehre gegenüber einer Seligsprechung Msgr. Romeros gäbe, die geprüft werden müssten. Das sei der Grund dafür, dass die Unterlagen derzeit noch von der Kongregation für die Glaubenslehre geprüft würden und noch nicht zur Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse gelangt seien.
Fünf Jahre später beklagte nun Jose Luis Escobar, Erzbischof von San Salvador, am vergangenen Sonntag auf einer Pressekonferenz, dass er auch nur bekanntgeben könne, dass der Fall bereits „fortgeschritten“ sei. Der Abschluss des Seligsprechungsprozesses von Bischof Romero sei allerdings noch nicht absehbar. “Wir hätten uns gewünscht, zu einem Zeitpunkt wie diesem, die Freudenbotschaft verkünden zu können, dass Romero selig gesprochen werde, stattdessen haben wir gar keine Nachricht“, sagte er.
Er halte es aber für wichtig, dass der Seligsprechungsprozess in einer ruhigen Atmosphäre ablaufe, fern von jeder sozialen oder auch politischen Kundgebung. Die Kirche in El Salvador werde aber die Gedenkveranstaltungen zum 30. Jahrestag der Ermordung von Erzbischof Romero am 24. März 1980 mit intensiven Veranstaltungen zur Einkehr beginnen, so der Erzbischof des zentralamerikanischen Staates. Es wäre wichtig, die persönliche Verehrung von Erzbischof Romero zu fördern. Der jetzige Moment bräuchte eine stärkere private Andacht, so der Oberhirte von El Salvador.
„Ich habe den Aufruf gestartet, dass wir alle beten, und den Herrn um Erhörung bitten. Denn es geschieht durch den Glauben, dass jemand seliggesprochen wird, weil Gott es so will“, so der Erzbischof von San Salvador. „In diesem Jahr haben wird uns für den dreißigsten Jahrestag zum Ziel gesetzt, einen Raum der Begegnung, der Gemeinschaft, Reflexion, Andacht und Mystik des Dieners Gottes Erzbischof Oscar Arnulfo Romero zu ermöglichen“.
Im Jahr 2004 hatte ein amerikanischer Bundesrichter den früheren Hauptmann der Luftwaffe von El Salvador, Alvaro Rafael Saravia, am Mord von Erzbischof Oscar Romero von San Salvador im Jahr 1980 für schuldig befunden und die Ermordung von Erzbischof Romero als ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ eingestuft. Saravia war die rechte Hand Roberto D´Aubuissons, dem berüchtigten Anführer eines Todeskommandos während der Rechtsdiktatur in El Salvador. D´Aubuisson, Gründer der Partei Alianza Republicana Nacionalista (Arena), hatte Todesschwadronen und paramilitärische Gruppen von Zivilisten und Militärangehörigen für gezielte Morde beauftragt.
Erzbischof Arnulfo Romero steht seit langem im Ruf der Heiligkeit. Auch andere Konfessionen und Kirchen haben den ermordeten Hirten gewürdigt. Die Kirche von England hat ihn auf Stein im Relief jener zehn Menschen verewigt, die stellvertretend für alle Märtyrer des 20. Jahrhunderts über dem Westtor der anglikanischen Abtei von Westminster in London prangen.
„Ich warte auf die Schlussfolgerungen der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse,“ so erklärte der „Arbeiter im Weinberg des Herrn" demütig vor drei Jahren. Glücklicherweise motiviert und durchstrahlt das Leben von Erzbischof Romero die Existenz vieler Christen und Menschen guten Willens, auch das der Päpste, und dies schon vor der Entscheidung der vatikanischen Kurie.
URL: http://www.zenit.org/article-19672?l=german&utm_campaign=germanweb&utm_medium=article&utm_source=zenit.org/g-19672
Zuletzt geändert am 28.01.2010