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Veröffentlicht am 15­.09.2010

15.9.2010 - kathweb

Theologe: "Eucharistie feiern wichtiger als Frage, wer ihr vorsteht"

Wiener Pastoraltheologe Pock plädiert dafür, "über die landläufigen Pfarreistrukturen hinauszudenken"

Wien (KAP) Für christliche Gemeinden ist die gemeinsame Feier der Eucharistie konstitutiv. Deshalb hat die Kirche nach den Worten des Wiener Pastoraltheologen Prof. Johann Pock die Verantwortung, "dafür zu sorgen, dass es die Eucharistie vor Ort auch geben kann, und dass man nicht irgendwo hinfahren muss, wo man vielleicht gar nicht den Bezug hat". Der aus der Steiermark stammende Nachfolger auf dem Lehrstuhl von Prof. Paul Zulehner verwies in einem Interview mit "Radio Stephansdom" auf die neutestamentliche Zeit, wo Gemeinden aus höchstens 30 bis 40 Gläubigen bestanden hätten und das gemeinsame Mahl "einer der Eckpunkte des Gemeindelebens war". Auf den Punkt gebracht heiße das, "die Feier der Eucharistie war theologisch immer wichtiger, als die Frage, wer der Eucharistie vorsteht".

Dass es derzeit zuwenig Priester gebe, sei eine "Wunde", so Pock. Hier gebe es verschiedene Überlegungen - von der Änderung der Zulassungsbedingungen zum Weiheamt bis zur Zusammenlegung von Pfarren. Kritisch sieht Pock den Versuch, wegen des Priestermangels Pfarren zu Verbänden zusammenzuziehen. Aus pragmatischen Gründen sei das verständlich, aus theologischen Gründen aber anzufragen.

In Zukunft werde es vor allem "Gemeinden" brauchen - die nicht mit "Pfarren" gleichzusetzen sind, so der Pastoraltheologe. Als "Gemeinde" bezeichnete Pock jene "kleinen Zellen vor Ort, wo christlicher Glaube gelebt wird", beispielsweise die fremdsprachigen Gemeinden. Sie seien nicht territorial definiert, sondern durch die Personen, die sich am Gemeindeleben beteiligen. "Das sind nicht die 5.000, die zur Pfarre gehören, sondern die 100 oder 200, die mitmachen", erklärte Pock. Pfarren seien demgegenüber größere "Struktureinheiten, die solches Leben ermöglichen". Seine Erfahrungen als Priester in seiner steirischen Heimatdiözese - sowohl in Hausgemeinden, als auch als Kaplan in einem Pfarrverband und als Moderator in einem Leitungsteam - hätten ihn darin bestärkt, "über die landläufigen Pfarreistrukturen hinauszudenken und dort anzusetzen, wo Gemeindeleben und Sichtbarmachen des Reiches Gottes gelingt".

"Jeder hat den Auftrag zur Verkündigung"

In seiner Habilitationsschrift befasste sich Pock mit den biblischen Gemeindetheologien und ihrer Bedeutung für die gegenwärtige Gemeindeentwicklung ("Gemeinden zwischen Idealisierung und Planungszwang", LIT-Verlag 2006). Er untersuchte die Pastoralpläne und Leitbilder aller Diözesen in Österreich und Deutschland und habe dort "theologisch sehr gute Überlegungen" gefunden - etwa dass die Gemeinde "Subjekt der Seelsorge" werden müsse. "Jeder und jede einzelne ist Seelsorger und Seelsorgerin und hat den Auftrag zur Verkündigung."

Was er in den Pastoralplanungen vermisse, sei der Aspekt der Diakonie, erklärte Pock: "Neutestamentliche Gemeinden waren ganz stark vom Einsatz für die Leidenden, die Armen und Ausgegrenzten geprägt." Heute werde zu wenig gesehen, "dass Verkündigung ganz stark über das 'Helfen, dort wo Not am Mann oder an der Frau ist', geschieht".

Als sehr positiv - und mit dem Neuen Testament übereinstimmend - bewertet Pock, dass in jüngeren Pastoralplanungen die Bedeutung der Öffentlichkeit und des Missionarischen betont werde. Es sei nicht zielführend zu sagen, "wir werden weniger und spielen auf kleine Herde, sondern dass man an die Öffentlichkeit geht und auch die neuen Medien nutzt".

Im Vorfeld des Gemeindetags der Erzdiözese Wien im Rahmen des Missionsprozesses "APG 2010" am kommenden Samstag sendet "Radio Stephansdom" ein Interview mit Johann Pock unter dem Titel "Gemeinden - in der Bibel und heute". Ausstrahlungstermin der Sendung von Stefanie Jeller ist Donnerstag, 16. September, 19 Uhr.

http://www.kathweb.at/content/site/nachrichten/database/34648.html

Zuletzt geändert am 16­.09.2010