8.11.2011 - kipa
Herbert-Haag-Stiftung zeichnet österreichische Pfarrer-Initiative aus
Mit ihrem "Aufruf zum Ungehorsam" vom 9. Juni 2011 habe die österreichische Pfarrer-Initiative ein grosses internationales Echo ausgelöst, schreibt die Stiftung. Die Initiative trage die prekäre Seelsorgesituation in Österreich "mit klaren Postulaten und entschiedenem Handeln mutig und unerschrocken" in die öffentliche Diskussion. Damit zwinge die Pfarrer-Initiative die Bischofskonferenz, zu Fragen des Zölibats und des Reformstaus in der katholischen Kirche Stellung zu nehmen.
Die mit 10.000 Euro (12.000 Franken) dotierte Auszeichnung soll am 22. April 2012 in Luzern Helmut Schüller übergeben werden. Schüller, Gründungsmitglied und Obmann der Pfarrer-Initiative, ist derzeit Pfarrer in Probstdorf bei Wien und Universitätsseelsorger; zuvor war er Generalvikar der Erzdiözese Wien und Ombudsmann für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche.
Die Forderungen der Pfarrer-Initiative
In ihrem "Aufruf zum Ungehorsam" fordert die Pfarrer-Initiative die Kommunion auch für wiederverheiratete Geschiedene, Mitglieder anderer Kirchen und Ausgetretene; weiter will man einen Wortgottesdienst mit Kommunionspendung künftig als "priesterlose Eucharistiefeier" ansehen und auch so nennen. Zudem will die Initiative "das Predigtverbot für kompetent ausgebildete Laien und Religionslehrerinnen missachten". Man werde sich für Pfarrgemeindeleiter unabhängig von Geschlecht, Familienstand oder kirchlicher Anstellung sowie für die Zulassung von Frauen und Verheirateten zum Priesteramt einsetzen. - Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat den Forderungen der Initiative wiederholt eine Absage erteilt. Die österreichische Bischofskonferenz will sich bei ihrer derzeit tagenden Herbstversammlung auch mit diesem Thema befassen.
Drei Schweizer Auszeichnungen
In den Schweizer Bistümern seien engagierte Theologinnen und Theologen in vielen Seelsorge-Teams dafür besorgt, dass die Seelsorge nicht zusammenbreche, obwohl die missliche Situation von manchen Bischöfen nach wie vor schöngeredet werde, schreibt die Haag- Stiftung. Stellvertretend zeichnet sie drei Persönlichkeiten aus den Bistümern Basel, Chur und St. Gallen aus, die in priesterlosen Gemeinden als Gemeindeleiter und in der City-Seelsorge "zeitgemäss und zukunftsweisend" ihren Dienst tun. Ausgezeichnet werden: Monika Hungerbühler (Basel), Monika Schmid (Effretikon ZH) und Charlie Wenk (St. Gallen).
Monika Hungerbühler ist Leiterin der kirchlichen Frauenstelle und Seelsorgerin an der Offenen Kirche Elisabethen (ökumenische City-Kirche von Basel), Co-Dekanatsleiterin in Basel und Mitinitiantin der Gleichstellungsinitiative für die katholische Kirche. Monika Schmid ist Gemeindeleiterin in Effretikon bei Zürich und darüber hinaus präsent in öffentlichen Debatten und bekannt als ehemalige engagierte "Wort zum Sonntag"-Sprecherin im Schweizer Fernsehen. Charlie Wenk ist Gemeindeleiter in der Pfarrei Halden in St. Gallen, wo er mit seinem protestantischen Kollegen eine ökumenische Seelsorge betreibt und Menschen anderer Religionen Raum gibt.
Die Auszeichnungen 2011
Mit dem Preis 2011 der Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche sind im vergangenen April die Verborgene Kirche Tschechiens und der Slowakei sowie der Luzerner Bibelwissenschafter Walter Kirchschläger gewürdigt worden. Der Prager Weihbischof Vaclav Maly hatte die Auszeichnung ausgeschlagen. Er sehe in der Preisverleihung "auch einen Protest gegen `Rom`" und verzichte daher auf eine Teilnahme, teilte er damals mit.
Die Stiftung zeichnet jedes Jahr Personen und Institutionen aus, "die sich durch freie Meinungsäusserung oder mutiges Handeln in der Christenheit" exponiert haben. Sie besteht seit 1985 und hat ihren Sitz in Luzern. Sie wurde nach dem 2001 verstorbenen Bibelwissenschaftler Herbert Haag benannt. Dem Stiftungsrat steht der Schweizer Theologe Hans Küng vor.
Hinweis: www.pfarrer-initiative.at; www.herberthaag-stiftung.ch
(kipa/com/kna/job/bal)
Zuletzt geändert am 08.11.2011