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Veröffentlicht am 13­.05.2012

13.5.2012 - Kipa

Kirchenreformer mit einem langen Atem

Die Tagsatzung Schweiz startet in Zürich

Von Walter Ludin / Kipa

Zürich, 13.5.12 (Kipa) Die 1998 erstmals im Bistum Basel durchgeführte Tagsatzung feierte mit einem gut besuchten Fest am Samstag in Zürich ihre Ausweitung auf die ganze Schweiz. Im Mittelpunkt stand ein Vortrag des Bielefelder Soziologen Franz Xaver-Kaufmann. Der aus Zürich stammende Referent meinte, Kritiker, welche der Institution Kirche widersprechen, würden in der Regel nicht aus ihr auswandern.

Der Kapuziner Adrian Müller konnte als Präsident des neuen Vereins "Tagsatzung.ch" eine überraschend grosse Schar solcher "Widersprecher" begrüssen. Erfreut stellte er fest, dass es im Bistum St. Gallen etliche Interessierte für eine regionale Tagsatzung gibt. Sie seien bei der Hierarchie "auf offene Türen gestossen". Hoffnungsvolle Ansätze gibt es auch in Zürich, zumal Mitglieder der dortigen Synode und des Synodalrates an der Gründungsfeier teilnahmen.

Hingegen hapert es im Bistum Chur. Wohl mit Blick dorthin bemerkte Adrian Müller, man könne in der Tagsatzung "arbeiten, ohne einen Bischof zu fragen".

Vernetzt

Dass die Tagsatzung nicht im luftleeren Raum steht, zeigten die Delegationen von Verbänden, die zu ihrer "Tauffeier" nach Zürich kamen. Dazu gehören beispielsweise der Schweizerische Katholische Frauenbund SKF und die Katholische Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbewegung KAB.

Dass der Verein auch in der Welt der theologischen Wissenschaft vernetzt ist, bewies die Anwesenheit der emeritierten Professoren Leo Karrer aus Freiburg – dem "Vater" der Tagsatzung – und Hermann Häring, emeritierter Theologieprofessor der Universität Nijmegen.

"Methusalem-Komplott"

Wie die Gesellschaft und die Kirchen der Schweiz einen hohen Altersdurchschnitt aufweisen, so prägten auch ergraute Häupter das Bild der Versammlung in Zürich. Vereinsvorstand Josef Bieger sprach in diesem Zusammenhang vom "Methusalem-Komplott", einem von Frank Schirrmacher, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Jahr 2004 kreierten Begriff.

So wichtig der "Aufstand der Alten" sei, müssten doch die Jungen für die Sache gewonnen werden, damit diese weitergeht, betonte Bieger. Immerhin befanden sich unter den Anwesenden etliche Vertreterinnen und Vertreter der mittleren Generation.

"Sende aus deinen Geist"

"Sende aus deinen Geist und das Antlitz der Erde wird neu": Nach diesem Lied erhielten alle die Gelegenheit, spontan Wünsche an den Geist Gottes zu richten. Schlag auf Schlag folgten innert kürzester Zeit rund 40 Begriffe wie "Phantasie, Hoffnung, Zivilcourage". Der neu gegründeten Tagsatzung.ch wurden ebenso "Humor, Freude, Kampfgeist und Gelassenheit" gewünscht.

Mit dieser Schlussrunde wurde Franz-Xaver Kaufmanns Wunsch entsprochen, der in seinem lange und laut beklatschten Referat von der Tagsatzung nicht nur "kirchenpolitisches Engagement" erwartet hatte. Der Verein solle "sich auch in Gebet und Gottesdienst der Botschaft Jesu Christi verpflichten".

Ebenso wünschte ihm Kaufmann "einen langen Atem". Dass dies nicht bloss ein unerfüllbarer Wunsch ist, bewies die Anwesenheit mancher, die bereits 1998 in Luzern an der Tagsatzung im Bistum Basel teilgenommen hatten.

Zuletzt geändert am 24­.05.2012