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Veröffentlicht am 07­.10.2013

7.10.2013 - KNA

Erstmals Bewegung im Umgang mit Wiederverheirateten

Von Volker Hasenauer (KNA)

Freiburg (KNA) Erstmals kommt nun wirkliche Bewegung in eine Debatte, die das Ringen der katho-lischen Kirche um Reformen wie unter einem Brennglas sichtbar macht. Als bundesweit erste Diöze-se geht das Erzbistum Freiburg auf zum zweiten Mal standesamtlich verheiratete Katholiken zu - und kann sich dabei auch auf den Papst berufen.

Denn Franziskus setzt sich vehement für eine barmherzige Kirche ein, die zu den "Menschen am Rand" geht. Eine Kirche, die Verletzte, Leidende, Gescheiterte (und damit auch Geschiedene?) nicht vergisst. In Deutschland fordern Teile der kirchlichen Basis seit längerem, Katholiken nach Wieder-heirat nicht mehr pauschal von wichtigen Teilen des kirchlichen Lebens auszuschließen. Im Erzbis-tum Freiburg, dem Bistum des Bischofskonferenzvorsitzenden Robert Zollitsch, bekannten jüngst mehr als 200 Priester und Diakone, dass in ihren Gemeinden niemandem mehr die Kommunion ver-wehrt werde.

Dagegen aber steht die für die katholische Kirche zentrale Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe - und somit die Vorstellung, dass eine zweite standesamtliche Heirat grundsätzlich als Sünde zu wer-ten sei, die kirchenrechtliche Folgen hat: also etwa Betroffenen den Kommunionempfang oder die Mitarbeit im Pfarrgemeinderat verwehrt. Und auch jenseits des Glaubenslebens drohen handfeste Konsequenzen: Wer kirchlicher Angestellter ist und zum zweiten Mal heiratet, dem droht im Extrem-fall die Kündigung.

Nun deuten sich im Erzbistum Freiburg erstmals Lösungswege für die seit Jahren verfahrene Situati-on an. Sie verbergen sich in der nun veröffentlichten "Handreichung für die Seelsorge zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung": Die an alle Pfarrer verteilten Leitlinien präsentieren ein umfassendes Konzept, wie mit Betroffenen seelsorglich umgegangen werden soll. "Wir wollen deutlich machen, dass uns Wiederverheiratete und Geschiedene willkommen sind und sie ganz zur Kirche gehören", sagt der für die Seelsorge im Erzbistum verantwortliche Domkapitular Andreas Möhrle. Ganz in der Diktion von Papst Franziskus ist von Barmherzigkeit die Rede. Ziel sei eine umfassende Begleitung und Unterstützung von Men-schen, deren Ehe gescheitert ist.

Gleichzeitig eröffnet die Handreichung Wiederverheirateten erstmals mit offizieller Erlaubnis die Mög-lichkeit, zur Kommunion zu gehen und sich im Pfarrgemeinderat zu engagieren. Bedingung ist eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Situation im Dialog mit einem Pfarrer. Auch eine spe-zielle Gebetsfeier für Wiederverheiratete ist dann möglich - wenngleich diese, so schärft das Papier ein, auf keinen Fall den Anschein einer zweiten kirchlichen Trauungszeremonie erwecken dürfe.

Der Freiburger Seelsorger Konrad Irslinger, einer der Sprecher von katholischen Geistlichen des Bistums, die sich seit Monaten für einen neuen Umgang mit Wiederverheirateten eingesetzt hatten, begrüßt die neuen Leitlinien als "substanziellen Fortschritt, weil erstmals deutlich wird, dass Pfarrer und Gemeinde die Gewissensentscheidungen der Betroffenen zu akzeptieren haben, wenn diese zur Kommunion gehen wollen". Auch Martina Kastner, die Vorsitzende des Diözesanrats, der die Laien vertritt, ist erleichtert, dass "der von so vielen Katholiken erwartete Schritt nach so langer Zeit nun endlich gemacht wurde". Ihre Grenzen haben die Freiburger seelsorglichen Neuerungen dort, wo es ans Eingemachte des kirchlichen Arbeitsrechts geht. Hier arbeitet auf Bundesebene eine Arbeitsgruppe der Bischofskonfe-renz unter Leitung von Erzbischof Zollitsch an Reformen. Mit einem Ergebnis der Beratungen wird in Kürze gerechnet. Und auch hier, so wünscht sich Zollitsch, soll die von Franziskus angemahnte Barmherzigkeit entscheidend sein.

Zuletzt geändert am 08­.10.2013